Einschnitte im Service bei Fluggesellschaften sind nicht immer eine Folge von COVID-19

In vielen Foren und Gesprächen mit Passagieren habe ich alle möglichen Meinungen gelesen und gehört. Die verständnisvollen Passagiere, welche ein trockenes Stück Brot und Wasser auf einem Langstreckenflug „in Ordnung“ fanden und andere, die sagten: “Ich möchte auf nichts verzichten, mir ist doch Covid egal.“ 

In den Zeiten vor der Pandemie war das Essen und der Loungebesuch bei den teuren Flugpreisen obligatorisch. Viele hatten das Gefühl, dass man sich ein Teil des Preises „irgendwie zurückholt“. Jetzt sind viele Lounges in Deutschland noch geschlossen bzw. bieten, außer einem To-Go-Bag (Brezeln mit Butter und Wasserflasche), nur einen Sitzplatz und Tisch an. Auch auf Flügen sind die üppigen Speisen, wie z. B. in der First Class, verschwunden. Jetzt ist die Gretchenfrage, die ich mir stelle: “Kosteneinsparungen oder echte Sorge vor Covid-19?“ 

Die goldenen Zeiten am Himmel sind für die Fluggesellschaften erst einmal vorbei, zumindest in Europa bis ca. 2024, so die Prognose der IATA. Die IATA ist der Dachverband aller Fluggesellschaften und möchte das Verständnis für die Belange des Lufttransportgewerbes fördern.

Der Verkauf von duty-free Waren, der Speise- und Getränkeservice und der Kontakt mit den Passagieren wurden an Bord gestoppt bzw. auf ein notwendiges Minimum eingeschränkt, als uns die Pandemie im März erreichte. Emirates hat z. B. Boxen ausgegeben und sogar die Bar in der First- und Business Class an Bord des A380 „geschlossen“. Die Duschen, exklusiv für die First Class Passagiere, wurden als Produktbestandteil ebenso nicht mehr angeboten. Natürlich fällt der Abfall im Serviceniveau in der First Class und Business Class mehr auf als in der Economy Class. Die Economy Class Reisenden hatten meistens nur die Wahl zwischen „süß oder salzig“, wenn überhaupt auf Flügen unter 2 Stunden.

Ein Kuriosum ist die Fluggesellschaft Qatar aus Doha. Passagiere müssen Maske und Faceshield während des gesamten Fluges tragen, sonst werden sie nicht befördert. Halt!!! Das gilt ja nur in der Economy. In der Business Class ist beides nicht mehr vorgeschrieben. Als ob sich dort Viren, Bakterien oder Keime nicht verbreiten könnten. Die Crews sind in Ganzkörperschutzanzügen mit Brille geschützt und bei vielen Fluggesellschaftenwird eine Toilette gesperrt, damit die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter geschützter sind.

Die unterschiedliche Handhabung bei den Fluggesellschaften ist das eigentliche Problem. Teilweise ist der Service zurückgekehrt, aber eben nicht bei allen. Wo der Service nicht zurückgekehrt ist, heißt es nur “wegen Covid ginge es nicht.“  Warum ist der Service bei einigen Luftfahrtunternehmen wieder verfügbar und bei anderen nicht? Warum ist es jetzt sicher, aber vor zwei Monaten nicht? Ist es an Bord überhaupt sicher, die Maske zum Essen und Trinken abzunehmen? Die Kommunikation zu diesem Thema ist bei vielen Carriern, milde gesagt, „verbesserungsfähig“. Durch diese Strategie der Kommunikation erhärtet sich bei mir der Eindruck, dass es den Airlines mehr um das Finanzielle geht als um die Verhinderung einer Infektion ihrer Gäste.

Seitdem hat die Branche viel Zeit und Geld in die Forschung gesteckt. Die IATA hat, zusammen mit Airbus, Boeing und Embraer, eine Präsentation publiziert. Hierüber hatte ich bereits berichtet. Bei der Studie war das Ergebnis, dass sich von 1,2 Milliarden[SQ1]  Reisenden, nur 44 mit Covid angesteckt hatten und bei den meisten konnte die Ansteckung an Bord ausgeschlossen werden. Dieser Logik folgend ist es im Flugzeug sehr wahrscheinlich sicherer als z. B. bei einem Restaurantbesuch. Das hat nicht nur Fluggesellschaften und Passagier überzeugt. Emirates hat den Passagieren die Onboard Lounge/Bar und die Duschen wieder zur Verfügung gestellt.

Es wird in der Bar z. B. darauf geachtet, dass die Abstände bzw. die Anzahl an Gästen eingehalten werden und dass das Zeitlimit des Aufenthalts von 30 Minuten nicht überschritten wird. Denn danach muss man wieder zurück zu seinem Platz. Auch geht aus der Studie hervor, dass die 1,5 bis zwei Meter am Boden, zu 30 cm in der Luft äquivalent sind. Durch den Austausch der Luft alle zwei bis drei Minuten und den leistungsfähigen HEPA Filtern (bis zu 99 % aller Viren werden aus der Luft gefiltert) spricht z. B. die Lufthansa an Bord ihrer Flugzeuge von reiner Luft wie in einem Operationssaal. Natürlich sind die Beteiligten in der Studie voreingenommen, aber wenn es nur 10 % der tatsächlichen Fälle wären, dann wären 440 Betroffene, prozentual bei der Menge an Reisenden gesehen, auch nicht Viele.

Somit spricht aus der Sicht der an der Studie Beteiligten nichts gegen Essen und Trinken an Bord. Der kurzzeitige Verzicht auf der Maske wird also nicht mit weniger Sicherheit vor dem Virus erkauft. Aus Sicht der Fluggesellschaften bzw. MitarbeiterInnen an Bord sieht es etwas anders aus. Bei Scandinavian Airlines (SAS) gibt es bei Flügen bis 2,5 Stunden nichts, auch in der Business Class oder „Plus“, wie die dort die Business Class heißt, wurde während der Pandemie nichts serviert. Ab Kopenhagen gibt es wieder Service, aber nur wenn der Flug mehr als 80 Minuten lang ist. Ab Oslo oder Stockholm ist der Service weiterhin ausgesetzt. Ganz genau! Es gibt nichts – noch nicht einmal eine Flasche Wasser. Genau da liegt der „Hase im Pfeffer“ und mich beschleicht das Gefühl, es geht den Airljnes nur um Einsparungen. Sie könnten COVID-19 als „gute Begründung“ anführen, um Ihre Margen je Ticket erhöhen zu können. Ja, es ist „Leiden auf einem sehr hohen Niveau“, aber diese Leistung wurde schließlich mit dem gebuchten und bezahlten Ticket eingekauft. Beim Business Class Flug steht das Essen und Trinken als Mehrleitung immer noch in der Buchungsmaske. Stimmt, es gibt ein „Sternchen“ und dort steht, dass es auf Grund von COVID-19 zu Einschränkungen beim Service kommen kann. Mehr Details gibt es dann meistens auf einer Sonderseite. Dort sind alle möglichen Einschränkungen aufgezählt und die mit Bezug auf die Speisen und Getränke gehen fast schon im Kleingedruckten unter.

Die Frage ist nicht, ob es Sinn ergibt, auf einem Flug von bis 60 Minuten Essen zu servieren oder ob man auf der Strecke dann „verhungert“. Bei einer so kurzen Strecke wäre man da wahrscheinlich die meiste Zeit ohne Maske und das ergibt natürlich wenig Sinn! Es geht hier um Flüge mit mehr als einer oder zwei Stunden Flugzeit. Die Meinungen gehen hier weit auseinander, denn auf der anderen Seite gibt es auch Befürworter, dass auf Essen und Trinken verzichtet werden sollte, damit das Risiko einer nicht getragenen Maske auf ein absolutes Minimum reduziert wird. Wäre es nicht besser, wenn sich der Fluggast noch während des Buchungsprozesses entscheiden könnte, ob er/sie das „Full-Service-Paket“ oder das „Full-Security-Paket“ (also ohne Essen und alkoholischen Getränke) haben und bezahlen möchte? Selbstverständlich müssten dann aber auch die Preise entsprechend transparent gestaltet werden und eine Auswahlmöglichkeit zulassen.

Auf das Thema Alkohol gehe ich bewusst nicht ein, denn das könnte missverstanden werden. Wobei ich an Bord eines Flugzeuges nur sehr selten Alkohol trinke. Aber eine gewisse Konsistenz innerhalb der Fluggesellschaft wäre wünschens- wenn nicht sogar erstrebenswert. Auf ein einheitliches Vorgehen bei den Fluggesellschaften brauchen wir erst gar nicht zu hoffen. 

Ein Thema was mich besonders irritiert bzw. auch wütend macht, ist das Thema geschlossene Lounge wegen Covid. Bei Finnair habe ich teilweise sechs Stunden Aufenthalt in Helsinki und kann den Flughafen nicht „mal eben“ verlassen, da eine Einreise in Finnland aus touristischen Gründen untersagt ist. Was ist aber das Problem – was ist so besonders großartig in der Lounge?

Der Wartebereich, was der bessere Name in der heutigen Zeit ist, ist ein Ort der Ruhe mit Steckdosen, Plätze zum Sitzen und Tische zum Arbeiten. Solche Plätze findet man außerhalb von Flughafenloungen nur äußerst selten. Das Internet am Flughafen in Helsinki ist schnell und ich konnte auch schon einige Live Streamsproduzieren. Wenn man die Lounges nicht öffnen will, um Geld zu sparen, dann soll man das auch ordentlich kommunizieren, das wäre dann wohl so auch in Ordnung. Aber als Begründung dann Covid anzuführen ist daneben und entlarvt dann die Lüge. 

Zitat von Finnair:

„We are doing our best to avoid spreading of the virus, therefore the Lounge is closed.“

Komischerweise ist die Aspire Lounge am Flughafen Helsinki geöffnet und ist sogar mit einem Buffet ausgestattet. Alkohol wird dort ebenfalls angeboten. Nur samstags ist die Lounge ebenfalls geschlossen. Dort wo es Partner Loungen gibt, sollte man diese auch mit einer Finnair Bordkarte, mit der richtigen Buchungsklasse oder Status, auf Kosten von Finnair besuchen können. 

Austrian Airlines geht in dieser Situation anders vor und hat die Lounge in Wien mit der Begründung geöffnete, dass diese ein

„Teil der Beförderungskette“

ist.

An den Hubs von Lufthansa gibt es eine Brezel mit Butter und eine Flasche Wasser mit auf den Weg. Ob es jetzt Sinn ergibt, dass man nicht in der Lounge essen darf, sondern nur am Gate, ist natürlich fraglich. Aber die Angst von Lufthansa als „Restaurant“ eine gänzliche Schließung, wie am Anfang der Pandemie, zu riskieren ist natürlich verständlich. Deshalb ist diese Lösung absolut positiv und hier muss ich die Lufthansa sogar loben. Nein, es fällt mir nicht schwer. 

Was wäre denn die Lösung im Falle von Finnair? Ganz einfach: Gebt Vouchers an Eure Business Class- und Statuskunden für den Zugang in die Aspire Lounge aus. Ach, stimmt ja, es ging ja nicht um Covid, sondern, darum um Geld zu sparen. Deshalb seid einfach im Umgang mit euren Kunden ehrlich und versucht diese nicht für dumm zu verkaufen. Im Moment braucht die Luftfahrt jeden Kunden.

Mit den Verlusten von 341 Millionen Euro in den ersten neun Monaten im Falle von Austrian Airlines oder ca. 1 Millionen Euro bei der Lufthansa alle 2 Stunden, kann man nicht nachhaltig das Geschäftsmodell betreiben. Auch mit staatlicher Unterstützung wird dies auf lange Zeit kaum zu leisten sein.

Was sind die Kosten für dieses Gedeck?
Das Mozzarella Baguette liegt bei 9.50 Euro.

Natürlich ist der Gesundheitsschutz wichtig. Deswegen den Reisekomfort etc. zwischen den Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern auf der einen Seite und den Passagieren auf der anderen Seite abzuwägen ist vollkommen legitim und sinnvoll. Allerdings bedarf es neben eines belastbaren Flugplans und eines gewissen Komforts wieder Vertrauen in die Gesetzestreue in Bezug auf EU Verordnung 261/2004 und der Rückerstattung innerhalb von sieben Tagen.