Für das Sicherheits- und Komfortempfinden beim Fliegen ist der Sitzabstand zwischen zwei hintereinander angeordneten Sitzen im Flugzeug ein wichtiger Aspekt. Kritisch ist dabei der Platz fürs Knie, der maßgeblich durch den Abstand zwischen Sitzvorderkante und der Rückenlehne des Vordersitzes definiert wird. Die mitunter namhaftesten Airlines im europäischen Flugverkehr verfügen über Sitzplatzabstände zwischen 71 cm bis 104 cm in der Economy-Class. Die Sitzabstände variieren dabei von Airline zu Airline und natürlich zwischen Kurz-, Mittel- und Langstreckenjets.
Auch die Sitzbreite hat einen erheblichen Effekt auf das Wohlbefinden an Bord. Durchschnittlich verfügen die Airlines über einen Sitzbreite von 43 bis 46 Zentimeter (Armlehne zu Armlehne) in der Economy-Class – nur wenige Airlines bieten breitere Sitze (Q 1). Ein drittes Kriterium für das Wohlbefinden der Passagiere ist der Neigungswinkel der Rückenlehne. Diese ist unter den Airlines für den Passagier schwierig zu vergleichen, da die Neigungsfähigkeit der Rückenlehne von den Airlines meist in unterschiedlichen Maßstäben (z. B. Zoll, Zentimeter, Grad) angegeben wird (Q 3).
Gerade für große Menschen können geringe Sitzplatzabstände auch ernsthafte Gesundheitsrisken darstellen. Neben dem geringen Komfortgefühl, welches dadurch entsteht, dass man unter Umständen permanent mit den Knien gegen den Vordersitz drückt, können besonders bei Langstreckenflügen vermehrt Thrombosen auftreten. Diese werden durch die geringen Bewegungsmöglichkeiten, die abgewinkelten Beine und die geringe Luftfeuchtigkeit in der Kabine erheblich begünstig. Als Thrombus oder Thrombose wird ein Blutpfropf in einem Blutgefäß bezeichnet, der zu einem teilweisen oder kompletten Verschluss desselben führt. „Die gefährlichste Komplikation der Venenthrombose ist eine Lungenembolie. Hier löst sich ein Blutgerinnsel aus der Beinvene und wird mit dem Blutstrom in die Lunge gespült, wo es ein oder mehrere Lungengefäße verstopfen kann. Dieser Blutstau führt zu Atemnot und einer zum Teil lebensgefährlichen Belastung des Herzens, stellt also eine absolute Notfallsituation dar.“ (Q 4).
Zusätzlicher Platz, der für die Gesundheit essentiell sein kann, wird in der Economy-Class oftmals in Form von Sitzplätzen mit mehr Beinfreiheit vermarket. Diese sind nur begrenzt verfügbar und erfreuen sich gerade auf Langstreckenflügen großer Beliebtheit. Die Airlines berechnen für diese Sitze, bis auf wenige Ausnahmen, teilweise sehr hohe Extragebühren (Q 2).
Zusatzgebühren für Sitze mit mehr Beinfreiheit für ausgewählte Airlines in der Economy-Class gemäß deren Website (Stand Oktober/November 2018)
Langstrecke | Airline | Preis |
Air France | 50 – 70 EUR | |
Austrian | 75 – 100 EUR | |
British Airways | 50 – 75 GBP | |
Eurowings | 50 – 90 EUR | |
Iberia | 15 – 35 EUR | |
KLM | 60 EUR | |
Lufthansa | 50 – 100 EUR | |
SAS | 55 EUR | |
Swiss | 60 – 115 CHF | |
Kurz-/Mittelstrecke | Airline | Preis |
Air France | 15 – 20 EUR | |
Austrian | 25 – 40 EUR | |
British Airways | 7 – 45 GBP | |
EasyJet | 11,99 bis 31,99 EUR | |
Eurowings | 3 – 17 EUR | |
Iberia | 4 – 25 EUR | |
KLM | 15 EUR | |
Lufthansa | 25 – 40 EUR | |
Ryanair | ab 11 EUR | |
SAS | 10 – 20 EUR | |
Swiss | 30 – 115 EUR |
Geringe Sitzplatzabstände können laut der kanadischen Professorin Dr. Jan Davies, ein Mitglied der Expertengruppe IBRACE (International Board for Research into Aircraft Crash Events), auch im Falle einer Notlandung oder Notwasserung ein kritischer Aspekt sein. So kann bei Sitzabständen von weniger als 30 Zoll (76 Zentimeter) für eine normalgroße Person nicht garantiert werden, dass die sogenannte Brace Position (Sicherheitsposition) eingenommen werden kann. Auch die Evakuierung des Flugzeuges verzögert sich eventuell durch die geringen Sitzabstände in der Economy-Class (Q 5). In den Vereinigten Staaten sehen die Tests der FAA (Federal Aviation Administration) zur Flugzeugevakuierung vor, dass ein Flug, ab dem Moment in welchem dieses nach einer Notlandung zum Stehen kommt, binnen 90 Sekunden evakuiert werden können muss. Die Tests sehen hierbei vor, dass Passagiere verschiedener Größen, verschiedenen Alters und verschiedenen Geschlechtes eine abgedunkelte Flugzeugkabine ungeachtet ihrer Sitzposition in der vorgegebenen Zeit verlassen können. Da es bei den Tests häufiger zu Verletzungen kommt, werden diese Tests mit Freiwilligen, nicht aber mit älteren Menschen und Kindern vorgenommen. In den Tests der FAA bestehen die meisten Flugzeuge mit einem Sitzabstand von 28 Inches (ungefähr 71 Zentimeter Sitzabstand) die Tests. Die FAA sieht bei einem Sitzabstand von 28 Inches keine akuten Evakuierungsprobleme (Q 7). Da die Teilnehmer dieser Tests nicht unbedingt repräsentativ sind (es handelt sich um Freiwillige die oftmals eine gewisse Routine im Flugbetrieb und eine bestimmte Altersgruppe haben) zweifelt die Vereinigung Passagier an, dass in einem Ernstfall eine Evakuierung in der vorgeschriebenen Zeit möglich ist.
Die Vereinigung Passagier fordert daher in Europa die Regeln für Mindestsitzabstände zu evaluieren und die Sicherheit und das Wohlbefinden der Passagiere bei den Sitzabständen stärker in den Fokus zu rücken.
Berlin, den 20.12.2018 (SH)
Impressum
Vereinigung Passagier e. V.
www.VPassagier.com
Vereinigung Passagier e. V. auf Facebook
Redaktion
L. F. Corsten
Quellen:
2) https://www.n-tv.de/reise/Wie-viel-Platz-bieten-Easyjet-bis-Lufthansa-article19777397.html
3) https://www.world-of-flights.de/economy-class-sitzkomfort-die-hoffnung-heisst-slimline.php
4) http://tropeninstitut.de/reisetipps/tipps-waehrend-der-reise/flugthrombose
5) https://www.aerotelegraph.com/gefahr-durch-geringen-sitzabstand
7) https://www.regulations.gov/document?D=FAA-2015-4011-0159
8) https://www.nytimes.com/2018/07/06/travel/faa-plane-seat-size.html